Der Vildmarksvägen ist eine Straße, die ursprünglich als Zufahrtsweg zu einer Kupfergrube gebaut wurde. Nachdem die Grube stillgelegt wurde, wird diese Straße nun rein touristisch genutzt und auch entsprechend vermarktet. Es ist die höchst gelegene asphaltierte Straße in Schweden und hält ein paar wirklich tolle Naturschauspiele bereit.
In Strömsund wollten wir mit der Runde über den Vildmarksvägen starten und auf dem Weg dorthin wurde es gleich „Wild“. Eine Elchkuh schaute sich aus sicherer Entfernung unseren Laufkäfer an. Es ist erstaunlich wie ruhig die Elche bleiben. Rehe kann man ja eher nur flüchtig betrachten. Elche hingegen bleiben einfach stehen und lassen sich in Ruhe anschauen. Selbst wenn sie merken, dass man sie beobachtet, dauert es eine Weile, bis sie die Lust verlieren begafft zu werden und gehen dann ganz gemächlich in den Wald zurück. Ziemlich entspannte Tiere.
In Strömsund angekommen fuhren wir zur Touristeninformation, um uns nochmal etwas schlau zu machen. Obwohl das Büro geschlossen war, konnten wir eine Broschüre mit einer Übersicht über alle Sehenswürdigkeiten mitnehmen. Bevor es dann aber endlich los gehen sollte, sind wir noch in den Hembygdsgård von Strömsund. Jedes größere Dorf in Schweden hat einen solchen Hembygdsgård. Es ist eine Kombination aus Freilichtmuseum und Festwiese. Hier werden nicht nur alte historisch wertvolle Holzhäuser erhalten, sondern auch weiterhin gemeinsam Feste gefeiert. Midsommar zum Beispiel, das nach Weihnachten zweitwichtigste Fest der Schweden.
Anfangs waren wir etwas skeptisch, dass die Straße zu touristisch sein könnte und tatsächlich begegneten wir einigen anderen Wohnmobilen, Anglern und Wanderern. Aber schon auf den ersten Kilometern fuhren wir an glasklaren Bergseen vorbei in denen sich die Wolken und die Berge spiegelten. Die Skepsis war verflogen und es stimmte was ich mal gelesen habe. Auf einer langen Reise soll man nicht die Touristenhotspots meiden, denn sie sind meistens doch sehr sehenswert und die ruhigen Momente und stillen Orte kommen trotzdem einfach so, ganz plötzlich auf einen zu.
Zum Übernachten fanden wir etwas abseits der asphaltierten Straße an einem kleinen Waldsee ein Plätzchen, um dann am nächsten Morgen nach 20-minütiger Holperpiste das erste Naturschauspiel zu erreichen. Hällingsåfallet, ein Canyon mit Wasserfall. Wir erwanderten den Canyon von unten nach oben und hatten mal wieder – dank der Schneeschmelze – die Herausforderung vor uns, mit trockenen Füßen am Wasserfall anzukommen. Es ging dann im Zick-Zack-Kurs über Steine, Bäume und ab und zu sogar mal über den ausgewiesenen Wanderweg.
Die Wanderung am Canyon entlang hoch zum Wasserfall hatte uns allen sehr gut gefallen und wir sind der Meinung, das war der bisher schönste Wasserfall in Schweden. Für die Kinder war es dank der Schneeschmelze wieder ein richtiges Abenteuer und wir sind dann alle zufrieden auf einen Campingplatz gefahren. Der Platz war jetzt zwar kein Highlight aber die Kinder hatten trotzdem Spaß auf dem kleinen Spielplatz am See und wir waren froh über die Möglichkeit unsere Wäsche zu waschen.
Nach diesem Zwischenstopp ging es weiter über den Vildmarksvägen, vorbei an wunderschönen Seen zum Bjurälvens Naturreservat. Die Bilder von der grünen Wiese hatten uns überzeugt. Aber hier oben ist noch kein Sommer und der Wanderweg war streckenweise noch verschneit. Wir haben uns dann entschieden keine Wanderung zu unternehmen. Trotzdem hat sich der kurze Abstecher hierher gelohnt.
Kurz nachdem wir die Grenze nach Lappland überquert hatten waren wir am höchsten Punkt der Straße angekommen. Mit so viel Schnee Mitte Juni hatten wir nicht gerechnet. Es ist ja kein Gletscher und gerade einmal 850 Meter hoch. Aber der Polarkreis ist eben auch nicht mehr weit weg. Die Sonne hat hier oben übrigens trotzdem Kraft und man kann mit T-Shirt und kurzer Hose vor meterhohen Schneebergen herumlaufen.
Ein paar Kilometer weiter haben wir uns dann in Fatmomakke auf dem Naturcampingplatz einen Platz direkt am Wasser ausgesucht. Wir hatten tolles Wetter und die Kinder konnten den ganzen Tag am See spielen, Steine springen lassen und an einem kleine Bach Staudämme bauen.
Fatmomakke ist ein samisches Kirchendorf, also eine Ansammlung von Hütten um eine Kirche herum. Die Hütten werden nur dann bewohnt, wenn die Samen im Ort Feste feiern und ein paar mal im Jahr zusammenkommen. Auch wenn die Geschichte der zwangsweisen Missionierung der Samen wirklich keine schöne schwedische Geschichte ist, wird dieses Dorf von den Samen als ihres angesehen und war wohl auch vor dem Bau der Kirche für die Samen schon immer ein Platz der Zusammenkunft. Zuerst wirkt Fatmomakke wie ein Freilichtmuseum, aber es ist ein wirklich lebendiger Ort. Wir konnten auch heimlich in die ein oder andere Hütte hineinschauen, denn das Dorf war nicht bewohnt. Erst kurz vor Midsommar kommen die Samen hierher, um auch dieses Fest in Fatmomakke zu feiern.
Nach zwei Übernachtungen und vielen schönen Stunden ging es für uns wieder auf den Vildmarksvägen. Mittlerweile hat sich jede Autofahrt zu einer keinen Safari entwickelt und wir halten immer Ausschau nach Elchen, Rentieren oder vielleicht sogar nochmal einem Bären. Und unsere Große rief während der Fahrt plötzlich so laut von hinten, dass ich beim Fahren dachte es wäre etwas schlimmes passiert: „Eeeelche!!!“
Auf den Fotos ist es leider nicht mehr zu sehen, aber es lagen zwei Rentiere auf einer kleinen verbliebenen „Schneescholle“. Wahrscheinlich war ihnen zu warm und sie suchten sich den Schnee zur Abkühlung.
Unser letzter Stop auf dem Vildmarksvägen war dann der Trappstegsforsen, ein Wasserfall bei dem das Wasser über viele Stufen fließt. Die Straße führt direkt am Wasserfall vorbei, sodass wir nur parken mussten, um dann gemütlich ein Eis zu essen und dem Wasserfall zuzuschauen. Ein schöner Abschluss unserer Tour über den Vildmarksvägen.
weitere Fotos gibt es wieder unter der Rubrik Fotoalben