Von unserem Übernachtungsplatz in der Nähe von Norrköping sind wir am nächsten Tag ohne Stopp über Katrineholm und Örebro in die Nähe von Karlskoga gedüst. Also ein gutes Stück in Richtung Nord-West. Wir suchten uns ein schönes Plätzchen am See und verbrachten dort einen sonnigen Nachmittag. Mittlerweile ist das Wetter so schön warm geworden, dass man auch Lust auf ein kleines Bad im See hat. Die Wassertemperatur ist aber noch auf dem Niveau „Kneipp-Kur“.
Während die Kleinen noch eine ganze Weile am Wasser plantschten konnten die Großen die weitere Tour planen. Gut das wir noch ganz altertümlich eine große Karte aus Papier mitgenommen haben. Die Route hat man damit deutlich besser im Blick als auf dem kleinen Smartphone-Display. Wir entschieden uns noch für einen kleinen Abstecher an den größten See Schwedens um dann vom Vänernsee durch ein altes Bergbaugebiet an den Siljansee zu fahren.
Auch am Vänernsee fanden wir eine schöne Ecke, konnten eine Runde baden und einfach den Nachmittag genießen. Der See hat zwar mit seiner Größe nicht mehr den Charme wie ein kleiner Waldsee, ist dafür aber deutlich klarer. Bisher waren fast alle Waldseen in Schweden deutlich rot-bräunlich gefärbt. Ich habe gelesen, dass dies aber ein gutes Zeichen ist. Da der Säuregehalt in den letzten Jahren in den Böden abgenommen hat, löst sich wieder mehr organischer Kohlenstoff in den Gewässern, und das Wasser nimmt wieder seine natürliche Färbung aus vorindustrieller Zeit an. Ein kristallklarer Waldsee ist vielleicht schöner anzuschauen, aber eben auch ein ziemlich totes Gewässer.
Am Abend kamen dann noch zwei VW Busse aus Deutschland, die hier mit uns gemeinsam übernachteten. Am nächsten Morgen machten wir uns dann aber schnell aus dem Staub, um weitere Rudelbildung zu vermeiden.
Dann sind wir noch kurz zur Picasso-Skulptur am Vänernsee. Parken, Aussteigen, Foto von der einen Seite, Foto von der anderen Seite, Einsteigen und weiter geht die Fahrt. Die Schweden haben auch das wieder ähnlich der „Ich guck mir mal den See aus dem Auto an“ Weise optimiert. Wir konnten bestimmt 5 Mal beobachten wie sie mit Ihrem Auto bis zum Wendekreis an die Skulptur heranfuhren, ihre Fahrt verlangsamten, kurz die Skulptur anschauten und dann schnell wieder zur Weiterfahrt beschleunigten. Aber vielleicht haben sie auch nur gleich registriert, dass die Skulptur vielleicht ganz schön aber nun auch kein Meisterwerk ist.
Dann ging es wie geplant weiter durch die Bergbauregion „Bergslagen“. Wir hatten im Vorfeld recherchiert, aber die größeren Besucherbergwerke waren alle geschlossen und öffneten erst wieder im Juni. In einem stillgelegten Erzabbaugebiet, das schon seit dem 17. Jahrhundert betrieben wurde, konnten wir aber dann doch noch einen Eindruck vergangener Zeit gewinnen. „Högbergsfältet“ wird mittlerweile als Naturreservat geschützt und man kann sich auf einen ca. 3km langen Rundweg durch das Gebiet begeben. Die Erläuterungen sind sogar in deutscher Sprache verfasst. Es war interessant und aufregend, aber irgendwie auch traurig zu lesen, unter welchen menschenunwürdigen Bedingungen das Erz abgebaut wurde. An einem Stollen wurde die Geschichte von 3 verschütteten Bergleuten auf einer Hinweistafel geschildert, die eigentlich großes Glück hatten und in einer Hohlkammer eingeschlossen waren. Man entschied sich dann die Kammer mit Wasser zu Fluten, um das Leid der Verunglückten zu verkürzen.
Für die Kinder, denen wir diese Horrorgeschichten natürlich nicht erzählten, war alles ganz spannend und sie wollten dann auch wissen wie man nun aus diesen Steinen überhaupt Eisen macht. Passend dazu lag auf dem Weg eine alte Eisenhütte, die zwar schon seit ziemlich genau 100 Jahren nicht mehr in Betrieb, aber der Hochofen noch erhalten ist. Erstmal übernachteten wir in direkter Nähe zur alten Hütte an einem Badeplatz am See. Am nächsten Morgen konnten wir uns dann alles ganz in Ruhe anschauen. Wobei unsere Große dann ganz plötzlich etwas mehr Interesse für die 3 Ponys auf der Koppel nebenan hatte, als für das langweilige Eisen und den Hochofen.
Diese alte Eisenhütte ist übrigens ganz offiziell für die Allgemeinheit zugänglich. Man darf alles erkunden und begehen und es gibt auch ein paar erklärende Hinweisschilder auf deutsch. Ganz ohne Eintritt oder Zaun drumherum. Das gefällt uns immer mehr an Schweden. Ganz viele Dinge werden der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt und alle gehen ordentlich damit um. Es herrscht scheinbar ein gewisser Respekt vor diesem Gemeinschaftseigentum.
Ich erinnere mich noch an Mannheim, während des Studiums, da wurden auf der Neckarbrücke im Frühling bestimmt 5 Mal die Blumenkübel neu bepflanzt, weil sie nach jedem Wochenende erneut im Neckar gelandet waren. Am Ende hat man es aufgegeben und die Brücke behielt ihre Trostlosigkeit.
Am Siljansee angekommen mussten wir nach 4 freien Übernachtungen in Folge ohne jegliche Infrastruktur nun wieder mal auf einen Campingplatz. Wir kamen ins Gespräch mit dem holländischen Auswanderer, der den Platz hier in Schweden betreibt. Er erzählte uns, dass die auf dem Platz aufgestellten Hütten alle selbst aufgebaut und restauriert sind und häufig über Kleinanzeigen zum Verkauf angeboten werden. Man muss sie dann vor Ort abbauen, gut nummerieren und dann ein gutes Händchen beim Wiederaufbau haben. Alle seine Hütten sind solche Originale. Ein toller Platz. Keine Dauercamper, keine Vorzeltorgien, ordentliche Sanitäranlagen und wirklich sehr nette Betreiber. Holländische Plätze im Ausland sind tatsächlich häufig ganz charmant. Und die Holländer findet man ja überall in Europa beim Camping. Ist wirklich so 😉
Ach ja, hier noch das Beweisfoto. Wir mussten wirklich dringend auf einen Campingplatz mit Waschmaschine. Geht das eigentlich noch, oder ist das schon KellyFamily?